Viertelfinale, Rückspiel im Europapokal der Pokalsieger 1975/1976: BSG Sachsenring Zwickau vs. Celtic Glasgow 1:0

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Spielbericht

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg!

Vorsicht vor Superlativen! Als der dreifache DDR-Pokalsieger seinen dritten EC II-Einstand gab, schienen sie kaum nötig. Doch jetzt, nachdem sich Sensation an Sensation reiht, scheint Maßhalten am Platze zu sein. Wer weiß schon, was noch kommt? Was diese unerschrockene Sachsenring-Elf noch alles in petto hat? Dabei zu sein, anzuspornen, mit ihnen Stolz zu empfinden, das hatten sich viele Mannschaftskameraden von einst nicht nehmen lassen. Ihre Urteile? "Eine verschworene Elf kannte genau ihr Ziel. Sie kämpfte phantastisch", so Harald Irmscher. "Nur zu kämpfen hätte allein nicht genügt. Dietzsch und Leuschner suchten auch das Spiel, wenn sich ihnen die Möglichkeit bot",, lobte Horst Jura. Und Fritz Feister: "Eine perfekte Sensation. Schließlich bootete Zwickau ja nicht irgendwen, sondern eine Weltklassemannschaft aus." In allem steckt Wahrheit, verbirgt sich die Hochachtung vor einer "Truppe", die den Willen besaß, einen erfolgreichen Weg zum Sieg, zum Einzug ins Halbfinale zu finden! Was mich daran frappierte, waren die von Cheftrainer Karl-Heinz Kluge bevorzugten Mittel. Eines war ihm sonnenklar:

Celtic im Spiel zu schlagen, war gegen die international erfahrenen Schotten, die ihr 82. EC-Treffen bestritten, ob ihrer handwerklich-technischen Solidität, ihrer größeren Ausgeglichenheit nahezu aussichtslos. Einzige Auswege: "Unsere taktische Disziplin, Moral, Willensqualitäten und Kampfentschlossenheit", äußerte sich Kluge selbst. Aber wer setzt sich schon gern ohne äußere Not der sprichwörtlichen britischen Härte aus, versucht ausgerechnet auf ,diesen harten Pfaden mitzuhalten? Zwickau tat es, und darin bestanden zu haben, rechtfertigte den Triumph!

Worüber sich schottische Jornalisten wunderten, sprach Celtic-Manager Sean Fallon aus : "Ein Phänomen, diese Sachsenring-Elf. Sie riß in den letzten Meisterschaftstreffen doch wahrlich keine Bäume aus. Und dann diese Steigerung." Sicherlich, das 2:5 gegen den FCK stellte alles andere als eine psychologische Ermunterung dar. Doch wer Augen hatte, um zu sehen, und wer der Wirklichkeit nicht ganz entrückt ist, kann sich mühelos an allen zehn Fingern abzählen, daß sich Sachsenring in dieser Saison mehr und richtigerweise den DDR-Europapokalinteressen verpflichtet fühlt als einen verbissenen Kampf um Platz 7 oder 8 in der Oberliga zu führen. Fernab vom kommerziellen Celtic-Denken, vom shakespearischen Fragezwang des "Sein oder Nichtsein", hielten sich die Westsachsen daran, was wichtiger ist. Es ist der EC II, in dem 1975/76 keine andere Elf so sehr Furore machte als Zwickau. Darüber wird der Kampf um klassenerhaltende Punkte nicht vergessen. Unnötig, das der dienstältesten DDR-Oberliga-Gemeinschaft besonders ans Herz zu legen ! "Noch nie spielten wir unglücklicher im Europacup", ärgerte sich Celtic-Coach John Clarke. "Hat denn Zwickau das Glück gepachtet", schimpfte Kapitän Kenny Dalglish, als ihm das Ausscheiden so recht bewußt war. Ohne Frage besaßen die Trabantwerker bei Großchancen für McDonald (30., 57.) Glück. Aber wenn es jemals das des Tüchtigen gab, dann diesmal für Zwickau. UEFA-Beobachter Wilhelm Bak, Vizepräsident des polnischen Fußballverbandes, steuerte einen anderen interessanten Aspekt bei: "Celtic suchte mit zu stereotypen Aktionen den Erfolg." Eine Äußerung, die der 37jährige spanische Bankkaufmann aus Murcia, der korrekt amtierende Referee Franco Martinez, belegte: "Als spielerisch wenig glückte, wählten die Schotten die Brechstange. Ein untauglicheres Unterfangen." Gewiß, Celtic fühlte sich durch die Verletzungsausfälle von Lennox, Deans und Lynch nicht nur geschwächt, sondern war es auch. Obwohl Hood stärker operierte als in Glasgow ("Viel fintenreicher und schußentschlossener", so Gunter Lippmann), Glavin bis zu seiner Auswechslung die Pace machte ("Eine alte Knöchelverletzung brach wieder auf", so der Celtic-Mittelfeldmotor) und Dalglish nichts unversucht ließ, den großen spielerischen Atem besaßen die Schotten nicht. Abspielfehler, gegenseitige Behinderungen, Missverständnisse, übertriebene Härte (Verwarnungen für Edvaldsson und Aitken) belasteten ihr Powerplay. Der Kampf wucherte aus. Das Spiel fanden sie nicht. "Wir ließen es erst gar nicht dazu kommen. Als unsere Mannschaft dieses feste Vorhaben auch realisieren konnte, war schon viel gewonnen", freute sich Peter Henschel. "Natürlich hätte ich liebend gern mit auf dem Rasen gestanden, aber in zwei Wochen werde ich mich nun doch einer Meniskusoperation unterziehen müssen", fügte er hinzu.

(Quelle: Die neue Fußballwoche; Autor: Günther Simon)

Tor

1:0 Blank (5.)

Aufstellungen

BSG Sachsenring Zwickau: (Trainer: K.-H. Kluge)

Croy, H. Schykowski, Lippmann, Stemmler, J.Schyowski, Schwemmer, Leuschner, Dietzsch, Blank, Bräutigam (80. Reichelt), Braun

Celtic Glasgow: (Trainer: S. Fallon)

Latchford, Edvaldsson, McGrain, Aitken, Callaghan, Glavin (74. McNamara), McCluskey, Dalglish, Wilson (67. Casey), McDonald, Hood

Schiedsrichterkollektiv

Martinez, Paez, Gonzales (alle Spanien)

Zuschauer

40.024

Spielort

Georgi-Dimitroff-Stadion, Zwickau

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