Am gestrigen Donnerstag veröffentlichte die deutsche Fußball Liga ein
Statement mit dem Titel "Viele Chancen für die Clubs, keine Nachteile
für die Fans". Fangen wir hier zunächst mit dem Positiven an:
Offensichtlich zeigen die Proteste Wirkung. Offenbar sah sich die
Geschäftsführung genötigt, nach wochenlangem Schweigen dem Protest
mit einer Stellungnahme den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ordentlich dazu
beigetragen haben mit Sicherheit die öffentlichen Forderungen einiger
Clubvertreter nach einer weiteren Abstimmung. Die selbstherrliche Stellungnahme
der DFL bietet dementsprechend auf unserer Seite mehr Grund zum
Kopfschütteln, als dass sie zur Beruhigung beitragen würde. Einige
konkrete Aussagen wollen wir im Folgenden aufgreifen, schließlich beweisen
diese doch in welcher verkehrten Welt die Treiber hinter dem Deal umhergeistern.
"Mitsprache durch Fans und Mitglieder in den Vereinen gehören wesentlich zum
deutschen Fußball"
Immerhin eine überraschend positive Aussage, die das Mitspracherecht der
Fans als wichtiges Gut des deutschen Fußballs preist. Überraschend
deswegen, da vor allem der Prozess rund um die Abstimmung zum Investoreneinstieg
mal wieder gezeigt hat, wie wichtig der DFL die Meinungen der Fans und Mitglieder
sind. Fakt ist, dass bei der Entscheidung hinsichtlich des Deals Meinungen der
Fans ignoriert und bis zu den massiven Protesten der vergangenen Wochen auch
nicht beachtet wurden. Dabei hätte bereits nach den unübersehbaren
Einwänden unsererseits im vergangenen Mai klar sein sollen, dass die
Anhängerschaften einer Finanzierung durch Private-Equity-Investoren
äußerst kritisch gegenüberstehen. Umso bezeichnender, dass die
Einladung an Fanorganisationen auch erst Monate nach der illegitimen Abstimmung
und den daraus resultierenden massiven Protesten erfolgte. Ein Gespräch auf
Augenhöhe, bei dem die Möglichkeit zu Kompromissen besteht, sieht
definitiv anders aus.
"Der deutsche Weg: 50+1"
Was zu Beginn nur eine Vermutung darstellte, ist mittlerweile ein offenes
Geheimnis. Durch die "Ja"-Stimme von Martin Kind als Vertreter von Hannover 96
wurde klar entgegen der 50+1-Regel gehandelt. Sollte der DFL also, wie in ihrem
Statement betont, der vermeintliche "deutsche Weg" wichtig sein, führt kein
Weg an einer transparenten Neuabstimmung vorbei. Die Stimme von Hannover 96 muss
hierbei gemäß der Weisung des Muttervereins Hannover 96 e.V. von
vornherein als "Nein" gewertet werden. Leider ist das Bekenntnis zu 50+1 nur noch
eine leere Worthülse, ausgehöhlt von Sonderregelungen und dem fehlenden
Willen der DFL ihrer Wächterfunktion über die Einhaltung der Vorgaben
nachzukommen. Das einzig existente "Horrorszenario" findet wohl aktuell in der
Zentrale der DFL statt: Eine juristische Überprüfung der Legitimation der
Abstimmung zum Investoreneinstieg vom 11.12.2023!
"Es gibt keinen Einfluss eines Vermarktungspartners auf den sportlichen
Wettbewerb, Anstoßzeiten oder Spielorte"
Immerhin findet sich hier eine inhaltliche Vertiefung der vielzitierten "roten
Linien", die der Öffentlichkeit bisher recht schwammig verkündet wurden.
Leider wird ein Teil der Realität bewusst verdreht. "Nachhaltig
wirtschaftende Clubs" sind wohl eher eine Wunschvorstellung - das Drängen
einiger auf Investitionen Externer verdeutlicht schon recht eindeutig, in welcher
finanziellen Schieflage sich viele der Vereine befinden. Rote Linien zählen
erst dann etwas, wenn diese dauerhaft und glaubwürdig umgesetzt werden
können. Weder wird einer der nun handelnden Protagonisten den Prozess
über die nächsten zwanzig Jahre begleiten, noch wird der mögliche
Investor langfristig einer ausbleibenden Profitschöpfung tatenlos zusehen.
Immerhin geht es sowohl Blackstone wie auch CVC um reine Gewinnmaximierung, nicht
um den Erhalt des basisorientierten Profifußballs in Deutschland. Zum
jetzigen Zeitpunkt wird bewusst vermieden über eine mögliche
Aufsplittung der Spieltage zu sprechen, doch wird gekonnt außen
vorgelassen, dass eine indirekte Einflussnahme zur Erwirtschaftung von beidseitig
profitabler Gewinnerwirtschaftung die Vereine auf lange Sicht zu eben genau
diesem Handeln zwingen wird. In Vorbereitung auf die Rechtevergabe ab der Saison
2025/2026 wurde nicht umsonst eine Steigerung der fanunfreundlichen
Anstoßzeit am Sonntagabend um 19:30 Uhr, unter dem Deckmantel der
Ausweitung der internationalen Clubwettbewerbe beschlossen. Ein Blick nach
Frankreich sollte reichen, um die Möglichkeiten der indirekten
Einflussnahme, übrigens ebenso durch den Investor CVC, zu verdeutlichen -
selbst die dortigen Antikorruptionsbehörden ermitteln inzwischen wegen der
Modalitäten rund um den Einstieg. Dem schnellen Drang nach mehr Geld folgt
oft die Notwendigkeit, mehr Veränderung zu wagen. Diese Veränderungen
werden uns Stadiongänger wie so oft am härtesten treffen.
"Die DFL sieht eine falsche Kommerzialisierung"
Was reflektiert und zunächst beschwichtigend klingt, ist nicht mehr als
heiße Luft. Während man die Kommerzialisierungsspirale auf dem
Rücken der Mitglieder der Vereine nahezu überdreht, wird von einer
einheitlichen europäischen Kaderkostenobergrenze geschwafelt. Blanker Hohn,
sollte man doch hier zunächst vor der eigenen Haustür kehren. Die
Annahme, man könne in den anderen europäischen Topligen das Rad
zurückdrehen, ist an Absurdität kaum noch zu überbieten. Wer "auf
eine gesunde wirtschaftliche Weiterentwicklung setzt", sollte zunächst den
Wettbewerb in den eigenen Ligen fair gestalten. Dazu finden sich wiederholt keine
nachvollziehbaren Ansätze, was im Umkehrschluss erneut die Frage
offenlässt, wie relevant die Wünsche der Basis für die DFL und
insbesondere deren Präsidium sind.
Die thematisierten Aussagen lassen uns wiederholt mit einem düsteren
Gefühl in die Zukunft blicken. Eine ehrliche Aufarbeitung rund um die
illegitime Abstimmung im vergangenen Dezember ist wiederholt verpasst worden.
Stattdessen wird versucht das Bündnis der deutschen Fanszenen durch die
Einladung zur Teilnahme an einer reinen Scheindebatte zum Schweigen zu bringen.
Unsere Forderung nach einer transparenten Neuabstimmung ist seit Wochen bekannt,
nicht einmal eine Erwähnung war das der PR-Abteilung der DFL wert. Ein
klares Zeichen an uns, wenn auch nett formuliert - ein Gesprächsansatz auf
Augenhöhe scheint seitens der Verantwortungsträger nicht erwünscht
zu sein.
Seid euch bewusst: Die deutschen Fanszenen haben einen langen Atem! Eure leeren
Worte werden unseren Widerstand gegen euer Vorhaben nicht brechen! Wir sehen uns
am Wochenende in den Stadien der Republik!
Die Fanszenen Deutschlands im Februar 2024